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Tradition und Geschichte | 5

Slawische Stämme waren zwar nicht die ersten Bewohner auf

der Insel, doch rührt aus dieser Zeit der Name Usedoms. Das

slawische Wort „uznam“ bedeutet soviel wie Mündung, denn die

Insel liegt vor dem Mündungsdelta der Oder. Schon bevor 1876

erstmals die Eisenbahn zwischen Berlin und Ahlbeck fuhr, hatte

auf der Insel der Aufstieg von einst unscheinbaren Fischerdör-

fern zu mondänen Bade- und Erholungsorten begonnen.

In Swinemünde schlug 1824 die Geburtsstunde des Bäderwe-

sens auf Usedom. Die im 18. Jahrhundert entstandene preußi-

sche Hafenstadt war das erste Seebad der Insel. Feines Klientel

zog es an die Ostseeküste: die Hohenzollern und immer wieder

auch den deutschen Kaiser. Wenn Wilhelm II. zur Inspektion

seines Flottenstützpunktes nach Swinemünde reiste, genoss er

oft gleichzeitig die Sommerfrische am Meer. Seinen häufigen

Besuchen verdanken Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin ihren

Namen „Kaiserbäder“.

Wer etwas auf sich hielt, ließ sich in Ostseenähe eine Villa bauen.

Auf diese Weise entstand die berühmte und viel bestaunte Bä-

derarchitektur. Die früheren Sommerresidenzen prominenter

und wohlhabender Großstädter erscheinen wie eine kilometer-

lange Freigalerie. Mit Ziergiebeln, Holzbalkonen, kleinen Türmchen,

Balustraden, Skulpturen, klassizistischen Säulen und breiten Frei-

treppen bilden die prunkvollen Bauten ein einmaliges Ensemble.

In den kleineren Küstenorten und ehemaligen Fischerdörfern

sowie im Hinterland der Insel finden sich vielerorts Reetdach-

häuser. Die urigen Bauten mit ihren schilf- oder strohgedeckten

Dächern geben vor allem der Landschaft im Achterland ein

unverwechselbares Aussehen, etwa im Lieper Winkel. Nach wie

vor ist die Reetdachdeckerei als eines der ältesten Gewerke auf

Usedom lebendig.

Von acht Jahrhunderten Christentum erzählen die sehr unter-

schiedlichen Kirchen auf Usedom. Aus dem 13. Jahrhundert

stammt die kleine Feldsteinkirche in Koserow. Sie gilt als älteste

erhaltene Kirche an der Außenküste der Insel. Der Pastor

Wilhelm Meinhold verewigte das Gotteshaus in seinem 1843

erschienenen Roman „Die Bernsteinhexe“.

Durch den Maler Lyonel Feininger ist die Kirche von Benz

berühmt geworden. Der Künstler hatte sie zu seinen Lieblings-

motiven auserkoren – ebenso wie die Kirche von Zirchow,

die er in sieben Bildern festhielt. Die sehenswerten Kirchen auf

Usedom prägen nicht nur das Inselbild. Viele wirken ausgespro-

chen einladend. Beim Benzer

Kirchensommer etwa erklingt

regelmäßig Musik unter der

gewölbten Holztonnendecke,

die ein wunderschön gemal-

ter Sternenhimmel schmückt.

„Klassik am Meer“ nennt sich

eine Veranstaltungsreihe mit

Theatervorstellungen, Konzer-

ten und Lesungen in der Kirche

von Koserow.