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40 | Usedom Magazin

41 | Usedom Magazin

Eddy Stoll ist einer der letzten Fischer in Bansin. Er ist be-

kannt wie ein bunter Hund und ein echtes Original. Stoll

nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Situation

seines Berufsstandes geht, aber er passt sich auch an die

veränderten Gegebenheiten an. Denn außer Fischen auf

der Ostsee „fahr ich noch Leute spazieren“, sagt er mit

einer Mischung aus Humor und Sarkasmus. „Als Fischer

haben wir keine Lobby – im Gegensatz zu Bauern“, klagt

der Bansiner. Die Rahmenbedingungen machen es ihm

und seinen Kollegen schon seit Jahren schwer, ihren Beruf

als Küstenfischer auszuüben. Rentabel ist es schon lange

nicht mehr.

Gab es früher 600 Fischer auf der Insel Usedom, so sind

ihm zufolge nur noch rund 30 hauptberufliche Fischer übrig

geblieben. „In Bansin waren wir mal 35 Fischer, jetzt sind wir

nur noch drei“, verdeutlicht Eddy Stoll. Die Gründe liegen

auf der Hand: „Die Preise sind nicht top.Wir haben Quo-

tenregelungen bei bestimmten Fischarten. Dann kommt

natürlich hinzu, dass es schwere Arbeit ist, ohne Hafen vom

Strand aus rauszufahren“, erklärt der Fischer. Dazu kämen

die exorbitant gestiegenen Spritpreise.

KeinWunder, dass viele aufgeben. Das wiederum kam für

Eddy Stoll nicht in Frage, auch wenn sein Rücken unter der

jahrzehntelangen Plackerei gelitten hat. Er rangierte seinen

alten Eichenholzkutter vor ein paar Jahren aus und stieg auf

einen modernen Katamaran um. Der hat nun einen festen

Liegeplatz im Hafen der polnischen Nachbarstadt Swine-

münde. Stoll muss dafür zwar täglich eine zwölf Kilometer

lange Strecke zurücklegen, doch dafür spart er sich die

Mühen, um wie früher den Kutter vom Strand ins Ostsee-

wasser zu hieven.

Zudem hat der Katamaran weitere Vorzüge. „Es ist eine an-

genehmere Arbeit. Der Katamaran ist nicht so anfällig gegen

Wellengang wie ein Kutter und er ist sparsamer im Sprit-

verbrauch“, sagt der 49-Jährige. Für ihn war der Umstieg auf

das in England gebaute Schiff auch deshalb ein Fortschritt,

weil es sich auch gut für Ausflugsfahrten eignet.

Wer denkt, die Pommern seien verschlossen und wortkarg,

kann diese Vorurteile bei Eddy Stoll getrost über Bord

werfen. Er erzählt von der Zeit vor der Wende, als die

Küstenfischer ohne Funkgeräte hinausfahren mussten, damit

sie keinen Kontakt mit ausländischen Schiffen aufnehmen

konnten, oder davon, dass sich die Fischer jeden Tag abmel-

den mussten, wenn sie zum Fischfang auf die Ostsee fuhren

und natürlich auch wieder zurückmelden, wenn sie an Land

zurück waren.

„Diese ganzen ollen Kamellen kennen die Urlauber alle

nicht – das wird honoriert“, weiß der Bansiner. Seine

Fahrgäste bringt Eddy Stoll allerdings nicht hinaus auf die

Ostsee, sondern ins Stettiner Haff und ins Swinedelta mit

seinen 44 Inseln, die vor der polnischen Insel Wollin liegen.

„Auf dem Haff sehen wir Seeadler, Reiher und Gänse“, sagt

er zu der faszinierenden, fast unberührten Natur vor der

KüsteWollins.

Natürlich plaudert Stoll auch über sein eigentliches Metier:

„Jeder Fisch hat seine Saison.“ Hering und Dorsch be-

stimmten seine Fänge im Frühjahr, dann kämen Flunder und

Steinbutt, im Sommer Barsch und Aale und imWinterhalb-

jahr Lachs. BeimThema Aal ist Eddy Stoll in seinem Element.

Er erzählt vom dreijährigen Zug der Aallarven von der

Sargassosee nach Europa, wo sie als Glasaale ankommen,

von der Aal-Mafia in Frankreich, dem Ein- und Ausfuhrver-

bot für den europäischen Aal sowie vom „Aalraben“, dem

Kormoran, dem Erzfeind aller Fischer.

Gerne spricht er auch über das pommersche Platt, „dat

er noch snackt“, und das zu DDR-Zeiten verpönt war

und von der brasilianischen Stadt Pomerode, wo „seit 280

Jahren unser pommersches Platt in seiner reinsten Urform“

gesprochen wird. „All die Sachen erzähl ich auf meiner

Bildungsreise“, lässt Eddy Stoll wissen.

Text

Dietmar Pühler

Fotos

Dirk Bleyer & Aneta Szydlak

Fischer Eddy Stoll

Hotel/Pension Dünenschloss, Strandpromenade 32, 17429 Seebad Bansin

Buchungen für Ausflugsfahrten ab dem Stadthafen Swinemünde sind

möglich unter:Tel.: +49 (0)38378 30818,

ds@usedom.info

Der Fischer Eddy Stoll

Ein Usedomer Original