

TRADITION UND GESCHICHTE | 21
Zu den frühen Bewohnern gehörten die Slawen, die im 7. Jahr-
hundert die Insel besiedelten. Der Name der Insel entwickelte
sich aus „uznam“, dem slawischen Wort für Mündung, denn die
Insel Usedom liegt vor dem Mündungsdelta der Oder.
Ab ca. 1820 entwickelten sich auf der Insel das Badewesen und
der Tourismus. Spätestens seit 1876, als erstmals die Eisenbahn
zwischen Berlin und Ahlbeck fuhr, verwandelten sich die Fischer-
dörfer zu mondänen Seebädern. Architektonische Zeugnisse die-
ses frühen Tourismus‘ sind die Villen der Bäderarchitektur, die die
Kaiserbäder Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin berühmt gemacht
haben. Der Adel und das finanzkräftige Bürgertum bauten hier
während der Gründerjahre bis in die 1920er Jahre ihre schmu-
cken Sommerresidenzen. Den wohlhabenden Bauherren dienten
italienische Renaissance-Paläste, klassizistische Kaufmannsvillen
oder idyllische Schwarzwaldhäuser als Vorbild. Die Vielfalt der
Stile gilt daher als Markenzeichen der Bäderarchitektur. Mit
Ziergiebeln, Holzbalkonen, kleinen Türmchen, Balustraden,
Skulpturen, klassizistischen Säulen und breiten Freitreppen
bilden die prunkvollen Bauten ein einmaliges Ensemble.
In Swinemünde schlug 1824 die Geburtsstunde des Bäderwe-
sens auf Usedom. Die im 18. Jahrhundert entstandene preußi-
sche Hafenstadt war das erste Seebad der Insel. Feines Klientel
zog es an die Ostseeküste: die Hohenzollern und immer wieder
auch den deutschen Kaiser. Wenn Wilhelm II. zur Inspektion
seines Flottenstützpunktes nach Swinemünde reiste, genoss er
oft gleichzeitig die Sommerfrische am Meer. Seinen häufigen
Besuchen verdanken Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin ihren
Namen „Kaiserbäder“.
Reetgedeckte Häuser findet man in den kleineren Küstenorten
und ehemaligen Fischerdörfern sowie im Hinterland der Insel.
Mit ihren schilf- oder strohgedeckten Dächern geben sie vor
allem den idyllischen Orten im Achterland, etwa im Lieper
Winkel, ihren unverwechselbaren Charme. Entsprechend ist die
Reetdachdeckerei als eines der ältesten Gewerke in der Gegend
lebendig.
Die sehr unterschiedlichen Kirchen auf Usedom zeugen von acht
Jahrhunderten Christentum. Zu den ältesten erhaltenen Kirchen
auf der Insel gehört die kleine Feldsteinkirche in Koserow, die
aus dem 13. Jahrhundert stammt. Eng verknüpft ist sie mit
dem 1843 erschienenen Roman „Die Bernsteinhexe“. Darin
dokumentierte der Koserower Pastor Wilhelm Meinhold einen
mittelalterlichen Hexenprozess und beschrieb plastisch das Elend
der Bevölkerung während des Dreißigjährigen Kriegs.
Die Kirche von Benz ist durch
den Maler Lyonel Feininger
berühmt geworden. Sie war
eines der Lieblingsmotive des
Künstlers – ebenso wie die
Kirche von Zirchow, die er in
sieben Bildern festhielt. Die