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unseres Vaterlandes. Das Leben in dem mächtig auf-

strebenden Stettiner Hafen hat für den Binnenländer

einen gewaltigen Reiz. Das Schiff passiert die großen

Schiffswerften, unter ihnen den weltberühmten Vulcan.

Nach einstündiger Fahrt treten die Ufer zurück, und es

öffnet sich das weite Becken des Stettiner Haffs. Durch

die Kaiserfahrt gelangt man nach knapp dreistündiger

Reise nach Swinemünde und durch die Molen in die

offene See. Am Strande zur Linken zeigen sich zunächst

die hellschimmernden Häuser Ahlbecks, nordwestlich

davon, aus dem Waldesgrün hervorlugend, bietet sich das

liebliche Heringsdorf den Blicken dar. Der Dampfer legt

an der Kaiser-Wilhelm-Brücke an, so daß die Reisenden,

ohne ein schwankes Boot benützen zu müssen, das Land

erreichen.“

Der Seedienst Ostpreußen und das

Ende der Braeunlich-Reederei

Mit dem Ersten Weltkrieg endete der Ausflugsverkehr

auf der Ostsee. Die drei Braeunlich-Schiffe wurden von

der Kaiserlichen Marine als Hilfsschiffe beansprucht. Nach

Ende des Krieges fuhr die ‚Freia‘ bis 1929 im Linienver-

kehr zwischen Stettin und Swinemünde, wie auch die

‚Odin‘ und ‚Hertha‘ wieder auf den angestammten Linien

eingesetzt wurden. Beide fuhren auch in den Anfangs-

jahren des Seedienstes Ostpreußen (1920–1939) auf der

Linie Swinemünde–Pillau, bis sie zu klein für das Passa-

gieraufkommen waren. Ostpreußen war nach dem Ersten

Weltkrieg eine deutsche Enklave und konnte aus dem

Reich nur auf dem Seewege sicher erreicht werden. Der

Zweite Weltkrieg bedeutete dann das faktische Ende der

ruhmreichen Stettiner Dampfschiffs-Gesellschaft J. F.

Braeunlich, auch wenn die Löschung aus dem Handelsre-

gister erst 1995 erfolgte.

Die Zeit der schnellen

Passagierdampfschiffe

Die Braeunlich-Reederei fuhr in diesen Jahren mit den

drei legendären Dampfschiffen ‚Freia‘ (Stapellauf 1885

bei Blohm+Voss, Hamburg), ‚Odin‘ (Baujahr 1902) und

‚Hertha‘ (1905). Die beiden letztgenannten Schiffe wurden

auf der Stettiner Vulkan-Werft gebaut, die seinerzeit die

schnellsten Dampfschiffe der Welt baute.

So holte die ‚Kaiser Wilhelm der Große‘ im November

1897 erstmals das Blaue Band für die schnellste Atlantik-

querung von Europa nach New York nach Deutschland.

Nach ihr waren schließlich die ‚Deutschland‘ (1900), die

‚Kronprinz Wilhelm‘ (1902) und die ‚Kaiser Wilhelm II.‘

(1904) Rekordhalter. Zehn Jahre lang, bis 1907, kamen die

schnellsten Schiffe aus Pommern.

Während die großen Passagierschiffe bis zu über 200

Meter Länge aufwiesen, kamen die Ostseedampfer auf

etwas mehr als 70 Meter Länge. Dennoch waren auch sie

sehr komfortabel ausgestattet, wie es im Dampfschiffs-

Fahrplan 1910 der Braeunlich-Reederei beschrieben steht:

Der Dampfer ‚Hertha‘ „besitzt ein geräumiges Prome-

nadendeck, ein Sturmdeck und ein Hauptdeck (…). Der

obere Gesellschaftssalon ist in ostindischen Satinholz

mit Perlmutter-Intarsien und grünblauen Plüschbezügen

gehalten, der Speisesaal in weiss mit Eichentäfelung bei

Historische Ansichten von

Dampfschiffen, Seebrücken und

Bademoden

Einer, der sich mit der Geschichte der Seebäder, ins-

besondere seines Heimatortes Zinnowitz, beschäftigt,

ist der Mediziner Dr. Matthias Gründling. Geboren in

Greifswald, aufgewachsen in Zinnowitz und zur Schule

gegangen in Wolgast ist der jetzt 52-Jährige ein echter

Pommer. Sein Medizinstudium absolvierte Dr. Gründ-

ling an der Universitätsklinik Greifswald, wo er heute

auch als Anästhesist arbeitet.

Neben der Fotografie, übrigens mit eigener Galerie in

Zinnowitz, beschäftigt sich Dr. Matthias Gründling mit

allen Facetten der Seebad-Geschichte seines Wohn-

ortes. Schon bald nach der Wende hatte er begonnen,

historische Postkarten zu sammeln. Bis vor gut zehn

Jahren hielt seine Sammelleidenschaft an. So hat er

nun einen Fundus von vielen Tausend Ansichtskarten

mit Motiven aus den Kaiserbädern, Karlshagen und

natürlich Zinnowitz.

Sein Hauptaugenmerk lag auf Karten mit der Zin-

nowitzer Seebrücke als Motiv – und auf solchen mit

Dampfschiffen der Braeunlich-Reederei. Dr. Gründlings

Archiv war denn auch die Grundlage für eine Ausstel-

lung über die Stettiner Dampfschiffs-Gesellschaft J. F.

Braeunlich, die 2003 von der Historischen Gesellschaft

Zinnowitz fertiggestellt wurde. Dr. Gründling, selbst

Mitglied in der Historischen Gesellschaft, hat dafür vie-

le Motive beigesteuert, darunter auch welche zu den

Bademoden von der Kaiserzeit bis in die 1930er-Jahre.

Für den Hobbyhistoriker hängt alles zusammen: Ohne

die Dampfschifffahrt hätte es die Seebrücken nicht

gegeben und auch das Badewesen hätte nicht diese

rasante Entwicklung genommen.

roten Bezügen, der untere Gesellschaftssalon weiss mit

Gold und Plüschbezügen in Kupfer (…). Alle Räume sind

mit elektrischem Licht versehen, beim Bau des Schiffes

sind alle Erfahrungen der Neuzeit berücksichtigt, und es

ist nichts versäumt worden, um es durch Eleganz, Schnel-

ligkeit und Grösse zum schönsten Passagierschiff der

Ostsee zu machen.“

Mit den Dampfern ‚Freia‘, ‚Odin‘ und

‚Hertha‘ über die Ostsee

Während die Dampfer ‚Odin‘ und ‚Hertha‘ als Linien-

schiffe von Stettin über Swinemünde und Heringsdorf bis

Sassnitz auf Rügen verkehrten, fuhr die ‚Freia‘ als Ausflugs-

schiff von Swinemünde aus die Seebrücken in Ahlbeck,

Heringsdorf, Bansin und Zinnowitz an, bevor sie über

Göhren, Sellin, Binz und Stubbenkammer nach Sassnitz

weiterfuhr.

In der Broschüre ‚Das Ostseebad Heringsdorf – Führer

für Kurgäste und Touristen‘ aus dem Jahr 1905 beschreibt

Dr. Werner Delbrück die Anreise von Berlin via Stettin

nach Heringsdorf sehr anschaulich:

„Die Reise bis Stettin per Bahn und von da mit den herr-

lichen Schnell-Dampfern der Stettiner Dampfschifffahrts-

Gesellschaft J. F. Braeunlich, ‚Odin‘, ‚Freia‘ und ‚Hertha‘

oder anderen, zählt zu den interessantesten Schifffahrten

Fotos Seite 43–47: ©Dr. Matthias Gründling (1); Quellen: Sammlung Dr. Matthias Gründling (3), www.zeno.org - ZenodotVerlagsgesellschaft mbH | Becker, Seebad Ahlbeck, H. Rubin & Co., Dresden-Blasewitz, Bundesarchiv | Haeckel, Otto

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