Interview mit einem Sternekoch
T om Wickboldt und die hohe K unst des K ochens
‚M
üritz-Lamm‘ mit Perlgraupen, wildem
Brokkoli und Safran-Knoblauch-Sud stehen
auf der Menükarte, als wir Sternekoch
Tom Wickboldt zum Interview treffen.
Auch eine Kreation aus lauwarmem Hummer in einer
Vichyssoise mit Kaviar, Kalamansi-Gel und Cedri-Zitrone
werden hier serviert. Google verrät mir, dass Vichyssoise
eine kalte Gemüsesuppe ist und Kalamansi und Cedri
zur Familie der Zitrusfrüchte gehören. Im Restaurant
‚Tom Wickboldt‘ im Seetel Romantik Hotel Esplanade in
Heringsdorf ist die große Gourmetküche zu Hause, die es
bis zu einem Stern vom Guide Michelin geschafft hat, also
die ganz hohe Kunst des Kochens. Doch Wickboldt selbst
ist eher ein bodenständiger Typ, heimatverbunden und
Familienmensch.
In diversen Häusern in ganz Deutschland hat der Gour-
metkoch mit seiner Kochkunst schon buchstäblich die
Sterne vom Himmel geholt. Jetzt lässt er die Inselküche
im Sternenglanz erstrahlen. Nach vielen Jahren „auf der
Walz“ wollte Wickboldt gerne wieder heimatnah arbeiten
und kam als Küchenchef ins Esplanade nach Heringsdorf.
„Die Mannschaft hier vor Ort hatte zunächst mit Ster-
negastronomie gar nichts zu tun“, sagt Tom Wickboldt.
„In dieser Zeit habe ich wirklich vom Apéro bis zum Petit
Four alles selbst gekocht. Nach und nach ist das ganze
Team aber gewachsen und ganz stark geworden.“ 2013
haben sich Wickboldt und seine Mannschaft ihren ersten
Michelin-Stern erkocht. Doch die Auszeichnung und seine
Tester sind eigentlich nur das Tüpfelchen auf dem i. „Der
Stern ist nicht unser primäres Ziel, wir wollen uns weiter
spezialisieren, spannende Gerichte kochen und unsere
Gäste zufriedenstellen. Für mich ist jeder Gast ein Tester
und ich koche für jeden Gast gleich.“
Die Ausbildung zum Koch im Warnemünder ‚Hotel Nep-
tun‘ begann er nach der 11. Klasse aus eher pragmatischen
Gründen, er hatte einfach keine Lust mehr auf Schule
oder Studium, wollte lieber arbeiten und Geld verdienen.
„Ich hab dann aber relativ schnell gemerkt, dass ich ein
Händchen dafür habe“, so Wickboldt, „und wurde schon
im 2. Lehrjahr von meinem Ausbilder zu Kochwettbewer-
ben geschickt. Ich habe dann auch meine Prüfung super
absolviert und dann fiel schließlich die Entscheidung, mit
der Sternegastronomie weiterzumachen. An der ersten
Station nach der Ausbildung habe ich das Kochen quasi
noch mal neu erlernt. Man kocht ganz anders auf dem
Niveau.“
Wenn Wickboldt seine eigene Küche beschreiben soll,
dann geht das nicht in einem Satz, aber vielleicht in
fünf: „Die klassische französische Küche ist natürlich zu
erkennen, das liegt ganz klar an meiner Ausbildung, ich bin
aber weltoffener geworden. Da gibt es viele Einflüsse zum
Beispiel auch aus Asien. Ich habe eine frische, leichte und
aromenreiche Weltküche. Ich nehme das, was mir gerade
gefällt, die Jakobsmuschel aus Norwegen, den Steinbutt
aus Frankreich und das Reh hier von der Insel Usedom.
Das setzt sich wie bei einem Baukasten zusammen.“
So ein Gourmet-Menü entsteht bei ihm auch im ersten
Schritt nicht in der Küche, sondern mit Bleistift und Zettel
am Schreibtisch. Hier fügt Wickboldt in der Theorie die
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Auch für das Jahr 2016 hat TomWickboldt
Aufgezeichnet von
Mareike Klinkenberg
97 | Usedom Magazin
den ersten und einzigen Stern
der Insel Usedom verteidigt.