

46 | Kultur
PortrÄt
47 | Usedom Magazin
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Anfang der 1990er Jahre hieß es,Theater habe in Anklam keine
Chance. Die Stadt sei zu klein und habe zu wenig Publikum. Dabei
existierte das Theater Anklam schon seit 1949.
„Nö“, sagten sich damals die Theaterleute und ihr Intendant Dr.
Wolfgang Bordel. Sie überlegten sich Ungewöhnliches, nahmen
Geld in die Hand, kauften ein großes, rotes Zelt und stellten
es an die Strandpromenade von Heringsdorf – das Theaterzelt
„Chapeau Rouge“. „Wir gehen mit Theater einfach dorthin, wo
die potentiellen Theaterbesucher im Sommer sind – auf die Insel
Usedom“, so die Idee.
Und es klappte! Jährlich besuchen etwa 10.000 Interessierte die
Vorstellungen imTheaterzelt, in dem vorwiegend heitere klassi-
scheWeltliteratur geboten wird. Inzwischen als Vorpommersche
Landesbühne bekannt, entstand schließlich ein kleines Kulturim-
perium: dieVineta-Festspiele in Zinnowitz, das gelbe Theater
„Die Blechbüchse“ und die TheaterakademieVorpom-
mern sowie eine private höhere Berufsfachschule
für Theaterarbeit und Schauspiel. Später folgten die
„Usedomer Hafenfestspiele“ mit leicht ostalgischen
Rudi Strahl-Stücken in der Stadt Usedom.
Wolfgang Bordel, der nunmehr dienstälteste Intendant
Deutschlands, spricht gern vom „Theatervirus“, den er
in Umlauf bringen möchte. Dies ist ihm gelungen. Er
selbst trug ihn wohl schon seit frühester Jugend in
sich. Geboren ist er in Halle/Saale, lernte dort
Lokschlosser mit Abitur. Später studierte er
in Rostock Physik und leitete gleichzeitig das studentische Theater.
Von Rostock ging es nach Berlin zur Promotion zum Dr. der
Philosophie, und auch hier war das „Arbeiter- und Studententhe-
ater“ seine Leidenschaft. Schließlich musste er sich entscheiden:
Wissenschaftler oder Theatermann.
Er ist ein ungewöhnlicher Intendant. Statt Limousine fährt er
Kleintransporter – mit Bett und Schreibtisch ausgestattet, weil
er stets zwischen den unterschiedlichsten Spielstätten unter-
wegs ist. StattWikipedia nimmt er noch ein Buch zur Hand; statt
Computer greift er zum Füllfederhalter, um seine Stücke, wie
„Vineta“ und „Die Peene brennt“ zu schreiben.Wolfgang Bordel
ist ein Motivator. Er leitet nicht mit Anweisungen, sondern mit
einem gemeinsam orientierten „wir könnten doch mal ...“ . So
entstanden beispielsweise dieVineta-Festspiele
oder die Usedomer Hafenfestspiele.
Dabei begeistert Bordel mit seinen
ansteckendenVisionen. Dies
übrigens auch mit einer großen
Portion Humor und einer Art
quer zu denken, die fasziniert,
manchmal aber auch Skepsis
hervorruft. Solch einen Mann
spornt das jedoch eher an, als
dass es ihmVerdruss bereitet.
Text
Martina Krüger
Mit Leidenschaft und Visionen
Theaterintendant Dr.Wolfgang Bordel im Porträt
Kultur und Natur genießen
… im Ostseebad Koserow
Das Ostseebad
Koserow ist mit
seiner vielfältigen
Natur an der
schmalsten Stelle
der Insel gelegen:
vom Achterwasser
bis zur Ostsee sind
es gerade mal 350 Meter. Die höchste Erhebung an der
Usedomer Ostseeküste – der mit Buchenwald besetzte,
58 m hohe Streckelsberg – ist ein Paradies für Naturliebha-
ber, denen vom Ufer der Steilküste ein atemberaubenden
Blick aufs Meer geboten wird. Die 261 m lange Seebrücke
mit ihrem malerischen Steilküsten-Panorama runden das
maritime Erlebnis ab.
Die um 1820 errichteten Salzhütten, ein historisches
Fischerhütten-Ensemble, zeugen noch heute von der
Bedeutung des Fischfangs im 19. und 20. Jahrhundert, und
beherbergen darüber hinaus ein Museum und gleichzeitig
das „kleinste Trauzimmer Mecklenburg-Vorpommerns“.
Neben der Veranstaltungsreihe „Klassik am Meer“ lohnt für
kulturell interessierte Besucher auch der Weg ins Gedenk-
atelier Niemeyer-Holstein. Auf den Spuren des Malers
können dort sein Leben und Schaffen, aber auch Beiträge
seiner Künstlerfreunde bestaunt werden.
Koserow bietet eine anspruchsvolle Kombination aus
Natur und Kultur, nicht nur für Bewohner, Besucher und
Urlauber, sondern auch für Serien-Helden:
Er ist wegen der Arbeit gekommen – und geblieben.
Andreas Schmidt-Schaller lebt seit Ende der 1990er Jahre
zwischen Koserow, Berlin und Leipzig. Man kennt ihn aus
dem Fernsehen: Entweder als Kommissar Grawe aus
dem „Polizeiruf 110“, oder als Trautzschke aus der Serie
„Soko Leipzig“.Was treibt ihn immer wieder auf die Insel?
„Usedom ist und bleibt die Badewanne der Berliner, es ist
die sonnenreichste Insel und auf demWeg zum Koserower
Strand gibt es das beste Bismarck-Fischbrötchen“. Gern
verbringt er ein paar Tage in Koserow für die berühmten
Kurzurlaube. „Von Berlin ist man in zweieinhalb Stunden
hier. Spaziergang mit dem Hund durch denWald bis Köl-
pinsee und am Strand zurück, auf ’s Wasser gucken, Fisch-
brötchen – Erholung pur“, schwärmt er. Es war Ende der
90er Jahre, da fragte Jürgen Kern, der Initiator von Klassik
am Meer, ob er nicht den „Jedermann“ im gleichnamigen
Stück spielen wolle. „»Oh, dieses schwülstige Getöne«,
dachte ich damals“. Aber Kern als Regisseur und Schmidt-
Schaller als Schauspieler haben den Schwulst reduziert.
Die Inszenierung wurde ein Erfolg und blieb schließlich
vier Jahre lang auf dem Spielplan. Schmidt-Schaller kaufte
sich eineWohnung, direkt neben der Kirche. Eine prakti-
sche Kombination aus kurzem Arbeitsweg und Erholung.
Nicht nur für ihn, sondern auch für seine Lebensgefährtin
Swentja Krumscheidt, die Regisseurin und Dozentin an der
Theaterakademie Vorpommern, unter deren Regie er Jahre
später „Warten auf Godot“ in der Theaterkirche spielte. Es
sind die vielfältigsten Beziehungen sowie die Kombination
aus Natur und Kultur, die einen Aufenthalt in Koserow nicht
nur für Schmidt-Schaller so besonders machen.
Kurverwaltung Koserow
Hauptstraße 31
17459 Koserow
Tel.: +49 (0)3 8375 20415
Fax: +49 (0)38375 20417
kv-koserow@t-online.de,
www.seebad-koserow.deNicht nur im Fernsehen,
sondern auch auf der
Bühne zuhause: Andreas
Schmidt-Schaller (links) in
Samuel Becketts Klassiker
„Warten auf Gordot“.
Die Koserower Kirche ist die älteste Feldsteinkirche
der Insel und zugleich Spielstätte des Ensembletheaters
„Klassik am Meer“.
Das 261 m lange Wahrzeichen des Badeortes wurde im Jahr 1993
erbaut: Die Seebrücke Koserow.