

66 | Usedom
Schlösser
Schloss Pudagla
Hier soll sich eine der bekanntesten Legenden Usedoms
zugetragen haben. Der Amtshauptmann Appelmann, Herr
auf Schloss Pudagla, habe angeblich der 15jährigenTochter
des Koserower Pfarrers, Maria Schweidler, nachgestellt. Sie
wies ihn jedoch ab, woraufhin er sie der Hexerei bezichtigte.
Hintergrund dieser Verleumdung war, dass sie einen Bern-
stein im Streckelsberg fand, den sie verkaufte, um sich und
die Koserower Mitbürger durch einige Jahre des 30jährigen
Krieges zu bringen. Ihr Scheiterhaufen soll in Pudagla gestan-
den haben und sie ging schließlich als „Bernsteinhexe“ in die
Geschichte ein.
Lange war es ruhig um das Schloss, es galt als zu groß und
zu sperrig. Schließlich erschien jedoch ein Märchenprinz, um
es wieder wach zu küssen. Er sah sie vor sich, die schönen
großen Räume, in denen man unterschiedlichste Kultur
unterbringen konnte. Ein beeindruckendes Kellergewölbe,
geeignet für jede Art von Festivitäten sowie ein großes
Außengelände für kleine Events. Der Märchenprinz war kein
Mann mit Vermögen, sondern ein Musiker: Charly Eitner,
ein begnadeter Jazz-Gitarrist mit Visionen, der von der Insel
Usedom seit jeher begeistert war. Hier wollte er leben. Und
zum Leben gehört für ihn auch die Kunst und die Arbeit. Er
fing schließlich an und machte das, was er am besten konnte:
Gitarre spielen. Mit Kollegen hat er neben wunderbaren lite-
rarischen Programmen auch einen begeisternden Flamenco-
Abend ins Repertoire aufgenommen. Nach und nach lud er
weitere Künstler ein und das Publikum strömte ins Schloss.
Solch kleine, feine Kunst hat es offenbar gebraucht und auch
die Bildende Kunst gehörte von Anfang an ins Schloss von
Charly Eitner. Inzwischen ist ein Cafe hinzugekommen, das
selbstverständlich den Namen „Die Bernsteinhexe“ trägt.
Schloss Pudagla
Schloßstraße 8 , 17429 Pudagla,
www.schloss-pudagla.deDie angebliche Bernsteinhexe steht schon fast auf dem
Scheiterhaufen in Pudagla, da kommt der Sohn von Graf
Rüdiger von Nienkerken zu Pferde angeritten – und ent-
reißt sie heroisch den Flammen. Der Graf ist Herr auf
Schloss Mellenthin und sein Sohn hatte sich unsterblich in
Maria Schweidler, die Bernsteinhexe, verliebt. Alles nahm
ein gutes Ende – wie in einem Märchen.
Nur, dass die Geschichte der Bernsteinhexe lediglich eine
Legende ist.Wilhelm Meinhold hat sie im Jahre 1843
erfunden. Um ihr Authentizität zu verleihen, gab er vor,
diesen 200 Jahre alten Bericht über die Bernsteinhexe im
Kirchengestühl der Koserower Kirche gefunden zu haben.
Viele glaubten diese Geschichte, weil Meinholds Roman
die Verhältnisse so plastisch beschrieb und seine Sprache
der von vor 200 Jahren so ähnelte. Friedrich Hebbel hegte
allerdings Zweifel an der Echtheit der Geschichte und
Meinhold flog auf. Er gab schließlich die Fälschung zu. Dem
Verkaufserfolg tat dies allerdings keinen Abbruch.
Man kann sich durchaus die Dramatik vorstellen, wie der
Sohn von Graf Rüdiger zu Pferde über denWassergraben
springt und die wunderschöne alte Baumallee entlang
prescht – um sich auf denWeg zu seiner Geliebten zu
machen.
Im Schloss selbst können heute die Gelage der damaligen Zeit
nachempfunden werden. Die mittelalterlichen Ritterbuffets
mit Gauklern und Live-Musik sind ein Highlight fürTouristen
und auch Einheimische. Und da die Ostsee nicht weit ist, gibt
es hier selbstverständlich auch Piratenspektakel. Für solche Ge-
lage ist das Schloss bestens ausgestattet mit eigener Brauerei
und der ersten Usedomer Kaffeerösterei. In der Gasthaus-
brauerei, die in den alten Gewölben untergebracht ist, kann
man sich zwischen den kupfernen Sudkesseln ein gepflegtes
Bier genehmigen oder im Hotel mitWellnessanlage, das im
Westflügel des Schlosses untergebracht ist, entspannen.
Wasserschloss Mellenthin
Dorfstraße 25,
17429 Mellenthin,
www.wasserschloss-mellenthin.deSie sind Spiegel der Geschichte und Ortvieler Legenden – die Schlösser
Pudagla, Mellenthin und Stolpe. Ihr Innenleben gestaltet sich ebenso
vielfältig wie ihre Historie und ermöglicht den Besuchern einen Aus-
flug in längstvergangene Zeiten.
Text
Martina Krüger
Schloss Stolpe
Ende der 1990er Jahre machte das Schloss einen betrübli-
chen Eindruck. Im Jahre 2001 wurde daher ein Förderverein
gegründet, um die Ruine wieder in ein Schloss zu verwandeln
und ihr neuen Glanz zu verleihen. Stück für Stück wurde es
rekonstruiert und gleichzeitig hielt die Kultur Einzug. Das
Usedomer Musikfestival veranstaltet darin regelmäßig
Meisterkurse und Konzerte und auch kleinereTheaterauf-
führungen finden darin statt. Ein wahrliches Kleinod ist die
Bücherstube. Hier können die Gäste gemütlich bei einer
Tasse Kaffee in den vielfältigenWerken
stöbern.Woeine
Bücherstube ist, da sind Lesungen nicht fern. Berühmtheiten
wie Hardy Krüger und Dieter Moor traten hier bereits auf.
Carmen Maja Antoni, die große Schauspielerin des Berliner
Ensembles, ist regelmäßiger Gast.
Darüber hinaus können sich die Gäste auch selbst litera-
risch entfalten und an der Schreibwerkstatt des Schlosses
teilnehmen. Dr. Kristine von Soden, eine Schriftstellerin, deren
Arbeiten maßgeblich vom Meer beeinflusst sind, lädt hier
regelmäßig zu Kursen ein. Und wer weiß, vielleicht entwirft
ein zukünftiger großer Dichter an dieser Stelle seine ersten
literarischen Skizzen. Das Ambiente bietet jedenfalls die
bestenVoraussetzungen dazu.
Förderverein Schloss Stolpe e. V.
Am Schloss 9,
17406 Stolpe auf Usedom,
www.schloss-stolpe.deDas im 13. Jahrhundert errichtete Schloss Pudagla lädt seine Gäste auf eine Spurensuche in die Vergangenheit ein
und bietet eine außergewöhnliche Kulisse für die unterschiedlichsten kulturellen Veranstaltungen.
Mit seinem Namen erinnert das Café „Die Bernsteinhexe“ an den viel zitierten Mythos.
Wasserschloss
Mellenthin
Das ehrwürdige Schloss
aus dem Jahre 1575 liegt
inmitten des Naturparks
Insel Usedom.
Fotos Seite 65–67: Dirk Bleyer (3); Schloss Mellenthin (3);Archiv UTG; shutterstock: ©Dayna More, ©Kanea
67 | Usedom
Schlösser