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Eddy Stoll ist einer der letzten Fischer in Bansin. Er ist be-
kannt wie ein bunter Hund und ein echtes Original. Stoll
nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Situation
seines Berufsstandes geht, aber er passt sich auch an die
veränderten Gegebenheiten an. Denn außer Fischen auf
der Ostsee „fahr ich noch Leute spazieren“, sagt er mit
einer Mischung aus Humor und Sarkasmus. „Als Fischer
haben wir keine Lobby – im Gegensatz zu Bauern“, klagt
der Bansiner. Die Rahmenbedingungen machen es ihm
und seinen Kollegen schon seit Jahren schwer, ihren Beruf
als Küstenfischer auszuüben. Rentabel ist es schon lange
nicht mehr.
Gab es früher 600 Fischer auf der Insel Usedom, so sind
ihm zufolge nur noch rund 30 hauptberufliche Fischer übrig
geblieben. „In Bansin waren wir mal 35 Fischer, jetzt sind wir
nur noch drei“, verdeutlicht Eddy Stoll. Die Gründe liegen
auf der Hand: „Die Preise sind nicht top.Wir haben Quo-
tenregelungen bei bestimmten Fischarten. Dann kommt
natürlich hinzu, dass es schwere Arbeit ist, ohne Hafen vom
Strand aus rauszufahren“, erklärt der Fischer. Dazu kämen
die exorbitant gestiegenen Spritpreise.
KeinWunder, dass viele aufgeben. Das wiederum kam für
Eddy Stoll nicht in Frage, auch wenn sein Rücken unter der
jahrzehntelangen Plackerei gelitten hat. Er rangierte seinen
alten Eichenholzkutter vor ein paar Jahren aus und stieg auf
einen modernen Katamaran um. Der hat nun einen festen
Liegeplatz im Hafen der polnischen Nachbarstadt Swine-
münde. Stoll muss dafür zwar täglich eine zwölf Kilometer
lange Strecke zurücklegen, doch dafür spart er sich die
Mühen, um wie früher den Kutter vom Strand ins Ostsee-
wasser zu hieven.
Zudem hat der Katamaran weitere Vorzüge. „Es ist eine an-
genehmere Arbeit. Der Katamaran ist nicht so anfällig gegen
Wellengang wie ein Kutter und er ist sparsamer im Sprit-
verbrauch“, sagt der 49-Jährige. Für ihn war der Umstieg auf
das in England gebaute Schiff auch deshalb ein Fortschritt,
weil es sich auch gut für Ausflugsfahrten eignet.
Wer denkt, die Pommern seien verschlossen und wortkarg,
kann diese Vorurteile bei Eddy Stoll getrost über Bord
werfen. Er erzählt von der Zeit vor der Wende, als die
Küstenfischer ohne Funkgeräte hinausfahren mussten, damit
sie keinen Kontakt mit ausländischen Schiffen aufnehmen
konnten, oder davon, dass sich die Fischer jeden Tag abmel-
den mussten, wenn sie zum Fischfang auf die Ostsee fuhren
und natürlich auch wieder zurückmelden, wenn sie an Land
zurück waren.
„Diese ganzen ollen Kamellen kennen die Urlauber alle
nicht – das wird honoriert“, weiß der Bansiner. Seine
Fahrgäste bringt Eddy Stoll allerdings nicht hinaus auf die
Ostsee, sondern ins Stettiner Haff und ins Swinedelta mit
seinen 44 Inseln, die vor der polnischen Insel Wollin liegen.
„Auf dem Haff sehen wir Seeadler, Reiher und Gänse“, sagt
er zu der faszinierenden, fast unberührten Natur vor der
KüsteWollins.
Natürlich plaudert Stoll auch über sein eigentliches Metier:
„Jeder Fisch hat seine Saison.“ Hering und Dorsch be-
stimmten seine Fänge im Frühjahr, dann kämen Flunder und
Steinbutt, im Sommer Barsch und Aale und imWinterhalb-
jahr Lachs. BeimThema Aal ist Eddy Stoll in seinem Element.
Er erzählt vom dreijährigen Zug der Aallarven von der
Sargassosee nach Europa, wo sie als Glasaale ankommen,
von der Aal-Mafia in Frankreich, dem Ein- und Ausfuhrver-
bot für den europäischen Aal sowie vom „Aalraben“, dem
Kormoran, dem Erzfeind aller Fischer.
Gerne spricht er auch über das pommersche Platt, „dat
er noch snackt“, und das zu DDR-Zeiten verpönt war
und von der brasilianischen Stadt Pomerode, wo „seit 280
Jahren unser pommersches Platt in seiner reinsten Urform“
gesprochen wird. „All die Sachen erzähl ich auf meiner
Bildungsreise“, lässt Eddy Stoll wissen.
Text
Dietmar Pühler
Fotos
Dirk Bleyer & Aneta Szydlak
Fischer Eddy Stoll
Hotel/Pension Dünenschloss, Strandpromenade 32, 17429 Seebad Bansin
Buchungen für Ausflugsfahrten ab dem Stadthafen Swinemünde sind
möglich unter:Tel.: +49 (0)38378 30818,
ds@usedom.infoDer Fischer Eddy Stoll
Ein Usedomer Original