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70 | Usedom Magazin

71 | Usedom Magazin

Roman Polanski hoffte auf das, was für jeden

Urlauber ein Albtraum ist: Ordentliches Schmuddel-

wetter während seines Aufenthalts auf Usedom.

SeinWunsch wurde erfüllt, im März 2009 herrschte

schlechtes Wetter – die perfekte Himmelskulis-

se für seinen Politkrimi „Der Ghostwriter“. Ein

knappes Jahr später gewinnt Polanski dafür auf der

Berlinale den Silbernen Bären für die beste Regie.

Auch dank des Usedomer Himmels.

Und dies ist auch schon das Einzige, was als

dauerhafte Filmkulisse übrig blieb. Gedreht wurde

am Rande von Peenemünde, das durch höchste

Sicherheitsmaßnahmen abgeriegelt worden war.

Ein zweistöckiger Bungalow, oben offen, mit Blick

auf das Meer und eine Tennisplatzattrappe wurden

errichtet, Sand zu einer hohen Mauer aufgeschüt-

tet.Vor dieser Kulisse spielt ein großer Teil der

Gespräche zwischen Adam Lang (Pierce Brosnan),

dem britischen Ex-Premierminister, der seine

Memoiren schreiben lassen möchte sowie dem

staunenden Ghostwriter (Ewan McGregor), Langs

Ehefrau Ruth (OliviaWilliams) und Langs Gelieb-

ter Amelia (Kim Cattrall). Der Ex-Premier soll, das

enthüllt der Ghostwriter, terrorismusverdächtige

Landsleute zwecks Folter der CIA zugeschoben

haben. Da bleibt öffentlicher Protest nicht fern, der

Ex-Premier wird schließlich in seinem Fahrzeug

von Demonstranten umringt. Für diese Szene

wurden auf einer Betonstraße, die in den Peene-

münder Forst führt, ein separates Tor und ein

Pförtnerhäuschen erbaut sowie die Strommasten

im amerikanischen Stil hergerichtet. In dieser Szene

befinden sich unter den Demonstranten auch

Usedomer Bürger. Erwin Bröderbauer, Schauspie-

ler an der Vorpommerschen Landesbühne und

damals als Statist eingesetzt, erinnert sich: „Natür-

lich wollte man mal bei solch einer internationalen

Produktion dabei sein.Wir wurden in einem Zelt

geparkt – fünf Stunden mag das Ganze gedauert

haben, weil es immer wieder schneite.“ Schnee

war für „Schmuddelwetter“ dann doch zu weiß. In

den Schneepausen wurde geprobt – zunächst mit

einem Brosnan-Double. Und Bröderbauer erin-

nert sich an Polanski, der persönlich die Proben

leitete. „Wir standen sehr lange im Schlamm – und

irgendwann nach der geschätzten 44.Wiederho-

lung war die Szene mit Pierce Brosnan abgedreht.“

Heute sind alle Drehorte verschwunden, vom Film

„Der Ghostwriter“ ist nichts erhalten geblieben. Im

Trassenheider Hotel „Seeklause“ erinnert man sich

noch gern, dort wohnte ein Großteil der Crew. Die

Stars residierten im Palace-Hotel Zinnowitz und

aßen im „Smutje“, wo noch einige Zeit lang nach

den Stars benannte Köstlichkeiten serviert wurden,

beispielsweise der „Polanski-Fisch“, ein Steinbutt-

Gericht. Obwohl sich die Stars von der Öffentlich-

keit abschotteten, lag doch ein besonderes Flair in

der Luft – eben Hollywood auf Usedom.

WenigeWochen später war auf der Insel ein Team

der ARD zu Gast und drehte zwei Folgen der

Serie „Pfarrer Braun“ mit Ottfried Fischer in der

Hauptrolle. Ihn und seine Crew konnte man bei

der Arbeit in Lassan und in Ahlbeck bestaunen.

Usedom wird sogar als neuer Ermittlungsort für

den „kriminalisierenden Pfarrer“ genannt. Strand,

noble Hotels, Backstein-Bauten – die perfekte Kulis-

se für spannende Geschichten.

Ganz andere Gedanken mögen Vicco von Bülow

alias Loriot getrieben haben, als er als Regisseur

und Hauptdarsteller in der Komödie „Pappa ante

Portas“ (1991) der Ahlbecker Seebrücke ein filmi-

sches Denkmal setzte.Von allen Seiten ist sie in den

letzten Einstellungen zu sehen – in strahlendem

Weiß. Loriot ließ die zu DDR-Zeiten braune Brü-

cke neu streichen, damit sie so aussah, wie er sie

aus seiner Kindheit in Erinnerung hatte. Immerhin

stammte von Bülow aus einem alten mecklenburgi-

Ein Hauchvon

HOLLYWOOD

Filmkulisse Usedom

DER GHOSTWRITER

von Roman Polanski

Pfarrer Braun

mit Ottfried Fischer

Pappa ante Portas

mit Loriot

Eine filmische Kurzbiografie der Insel:

1968 – zwei Filmewerden gedreht, einerwirdverboten.

1991– Loriot ist zu Gast – die Ahlbecker Seebrückewirdweiss gestrichen.

2010 – „Pfarrer Braun“ ermittelt gleich für zwei Folgen.

und schlieSSlich: Hollywood kehrt in Peenemünde ein.

„Wir standen sehr lange im Schlamm –

und irgendwann nach der geschätzten

44. Wiederholung war die Szene mit

Pierce Brosnan abgedreht.“